380 kV-Höchstspannungsfreileitungen in der Gemeinde Ratekau

Die TenneT TSO plant die Planfeststellungsunterlagen für die 380 kV-Freileitung des Abschnittes Lübeck-Göhl (M351) im 2. Quartal 2021 einzureichen. Informationen zur neuen Trasse sowie Kartenmaterial und wichtige Dokumente finden sie nachfolgend.

Das Wichtigste zusammengefasst:

Nach Einschätzung der Bundesnetzagentur erfordert die erhöhte Stromproduktion in Schleswig-Holstein durch erneuerbare Energien – insbesondere durch Windkraft aber auch durch Photovoltaik und Biomasse – eine Verstärkung und ein Ausbau des Stromnetzes. Denn der Strom muss von Nord nach Süd geleitet werden, wenn die Kernkraftwerke in Süddeutschland abgeschaltet werden und eine zunehmende Integration der europäischen Strommärkte stattfindet.

Die Gemeinde Ratekau ist vom geplanten Netzausbau im höchsten Maß betroffen. Die Notwendigkeit von zwei Höchstspannungsleitungen, die die Gemeinde Ratekau durchlaufen sollen, sind in ihrer Notwendigkeit von der Bundesnetzagentur bestätigt worden. Die TenneT TSO GmbH (im folgenden TenneT), ein deutscher Übertragungsnetzbetreiber, wurde beauftragt die Höchstspannungsleitungen in Standartbauweise zu errichten.

Sowohl in der Höhe und als auch in der Breite, sind die geplanten 380 kV-Leitungen nicht mit den bereits im Gemeindegebiet befindlichen Freileitungen zu vergleichen. Bei der sogenannten Standartbauweise beträgt die Höhe bis zu 90 m und die Breite bis zu 40 m.

Die Gemeinde Ratekau fordert einen vernünftigen Dialog, die Prüfung von Möglichkeiten der Erdverkabelung und weiteren Alternativen, damit ggf. auch die Ortschaften Ruppersdorf und Luschendorf entlastet werden können.

Die TenneT favorisiert einen neuen Leitungsverlauf der 380 kV in der Gemeinde Ratekau, sodass die Leitung östlich der Ortschaft Ratekau im Bereich der bestehenden 110-kV-Freileitung verlaufen könnte. Ein Leitungsverlauf bei Rohlsdorf/Techau/Pansdorf entfällt somit. Den alten Verlauf können sie hier einsehen.

Zwischen dem Umspannwerk Siems bis Tiefende bzw. am Rugenberg soll die Freileitung in der bestehenden Schneise erfolgen. Der Trassenverlauf der Maßnahme Lübeck-Siems durch das Untere Sielbektal bleibt unverändert.

Pläne der TenneT TSO des Abzweigs Göhl sowie der Maßnahme Lübeck Siems im Gemeindegebiet Ratekau:

  • Bereich Siems, Luschendorf bis Sierksdorf hier (PDF)
  • Bereich Bad Schwartau, Ratekau hier (PDF)

Den vollständigen Streckenverlauf finden Sie hier.

Den im Jahr 2020 favorisierten Streckenverlauf finden Sie zum Vergleich noch einmal hier. (PDF)

Im Sommer 2020 wurde die Gemeinde Ratekau mit einer neuen Vorzugsvariante konfrontiert, der sogenannten Süd 3 Trasse. Die Trasse verläuft nun nicht mehr im Binnenland, sondern an der Autobahn entlang, verschwenkt zwischen Pansdorf und Techau und dann weiter an Rohlsdorf vorbei in Richtung Stockelsdorf. Eine Planänderung, die für die Gemeinde Ratekau massive Folgen hat und absolut inakzeptabel ist.

Die TenneT begründet die Planänderung mit neuen Erkenntnissen durch vertiefte Planungen. Die Möglichkeit Teilabschnitte unmittelbar neben der geplanten Hinterlandanbindung zu bauen und somit neuen Ansprüchen nach Bündelung gerecht zu werden sowie umweltfachliche Belange führten im Wesentlichen zur neuen Trasse. Zudem handelt es sich um die kostengünstigste Variante und die kürzeste Strecke.

Ausführliche Abwägungen und Untersuchungen werden erst im Planfeststellungsverfahren zur Einsicht offen gelegt. Die TenneT gibt zwar an, dass ein Planfeststellungsverfahren ergebnisoffen ist, es ist jedoch davon auszugehen, dass Änderungen durch Abwägungen im Planfeststellungsverfahren sehr schwer zu erwirken sind.

Alle Gutachten und Stellungnahmen im Überblick:

Gemeindliche Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan Strom 2019-2030: Hier (PDF)

Die gemeindliche Stellungnahme und Gutachten zum Netzausbau der 380-kV-Ostküstenleitung: Hier (PDF)

Stellungnahme und Gutachten des Kreises: Hier (PDF)

Das Positionspapier des Kreistages Ostholstein: Hier (PDF)

Weitere Informationen hierzu:

Aufgrund der erheblichen Betroffenheit, die infolge des Vorhabens entstehen würden, hat die Gemeinde Ratekau bereits frühzeitig konkrete Forderungen gestellt, die sich vor allem auf die Prüfung der Notwendigkeit beider Freileitungen bezogen. Mit einer Auslastung von höchstens 12% der geplanten Freileitung M351 Lübeck-Göhl drängt sich eine Alternativenprüfung regelrecht auf. Auch die Notwendigkeit der Maßnahme M49 Lübeck-Siems  (separates Planfeststellungverfahren) muss infrage gestellt werden, da das Baltic Cable (260 km langes Seekabel zwischen Siems und Kruseberg in Schweden) mittelfristig außer Betrieb geht und eine Erneuerung unwahrscheinlich ist.

Die aktuelle gemeindliche Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan Strom 2019-2030 finden sie hier (PDF). Vorangegangene Stellungnahmen aus den Jahren 2014, 2015 und 2017 finden sie im Amtsinformationssystem der Gemeinde Ratekau.

Nachdem im Sommer bekannt wurde, dass die neue Vorzugsvariante der TenneT die Gemeinde Ratekau massiv betrifft, beauftragte die Gemeinde Ratkeau umgehend die Rechtsanwältin Frau Dr. John mit der Verfassung einer Stellungnahme. Die gemeindlichen Planungen insbesondere zum Kommunalen Gewerbegebiet und der Ausweisung neuer Wohngebiete in Techau, Luschendorf und Pansdorf werden unterbunden. In der Stellungnahme wird ebenfalls kritisiert, dass die neue Trasse schwere Eingriffe für das Schutzgut Umwelt  mit sich führt. Verbundsysteme, FFH-Gebiete und Waldflächen sind besonders betroffen. Die Gemeinde Ratekau fordert, die alte Vorzugsvariante des Bürgerdialoges als solche in das Planfeststellungsverfahren aufzunehmen. Andernfalls ist eine umfangreiche Öffentlichkeitsbeteiligung zwingend erforderlich. Die umfangreiche Stellungnahme der Gemeinde Ratekau vom 29.09.2020 finden sie hier (PDF).

Die Freileitung ist nicht alternativlos und energiewirtschaftlich nicht notwendig. Das zeigt ein  vom Kreis Ostholstein und den betroffenen Gemeinden in Auftrag gegebenes Gutachten. Ein kostengünstiges Erdkabel in schmaler Trassierung, beispielsweise entlang der Autobahn, ist möglich. Der Kreis Ost Holstein schreibt, dass „die Leitungen auf direkterem, kürzerem Weg und teilweise in normalen Gräben an Straßen und Wegen in Breiten von 2,3 m bis 3,8 m verlegt werden“ können. „Weiterer Vorteil: Die Kabelvarianten sind dadurch zum Teil sogar preiswerter als die von der TenneT geplanten Freileitungen.“ Das Gutachten der Professoren Jarass und Brakelmann, das Alternativen zur Freileitung aufzeigt sowie weitere Informationen des Kreises finden sie hier.

Vor dem Hintergrund neuer technologischer Entwicklung, insbesondere der Wasserstofftechnologie wirft auch der Kreis nochmal die Frage auf, ob bei einer Auslastung von 12 % eine 380 kV-Leitung nicht alternativlos sein kann. Der Kreistag fordert daher eine erneute Überprüfung des Bedarfs der 380-kV-Leitung Lübeck – Göhl unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen in der Wasserstofftechnologie." Des Weiteren fordert der Kreistag „die Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene dazu auf, die Ergebnisse des Gutachtens von Brakelmann / Jarass ernsthaft und ergebnisoffen im Hinblick auf die Einsatzmöglichkeiten in Ostholstein zu prüfen. Als moderne Erdkabeltechnologie muss diese Alternative die Chance erhalten, als „Stand der Technik“ anerkannt und eingesetzt zu werden." Das Positionspapier des Kreistages Ostholstein finden sie hier.